22.12.18, Essener Domsingknaben singen Weihnachtsoratorium im Essener Dom
Ein Konzert mit Tradition: Die Musik des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach gehört für viele zu Weihnachten dazu wie Christstollen und Tannenbäume und ist Inbegriff des weihnachtlichen Jubels über die Geburt des Herrn. Gerade für einen Knabenchor hat Bachs Musik stets eine besondere Bedeutung. So komponierte der wahrscheinlich größte Komponist der Musikgeschichte seine Werke doch für die Knabenstimmen an der Leipziger Thomaskirche. J.S. Bach war dort ab 1723 als Kantor auch für den Thomanerchor verantwortlich.
In vielen Proben und nicht zuletzt auch während des Probenwochenendes in Haus Altfrid bereiteten die Domsingknaben die anspruchsvolle chorsinfonische Musik vor, die die Zuhörer nicht nur durch die gesamten Geschehnisse der Weihnachtsnacht von der Geburt Christi, über die Felder vor Bethlehem bis zum abschließenden Lobpreis der Hirten führt, sondern auch einen Bogen vom Barock bis zur Romantik schlägt.
Begleitet wurden die Domsingknaben von den Essener Philharmonikern (Konzertmeister Daniel Bell). Als Solisten wirkten mit: Christine Alexander (Sopran), Beate Koepp (Alt), Gustavo Martin-Sanchez (Tenor) und Richard Logiewa (Bariton). Das Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saëns verlangt neben dieser Solistenbesetzung bei zwei seiner Nummern (Nr. 8 Quatuor „Alleluia“ undNr. 9 Quintette et Chœur „Consurge, Filia Sion“) noch eine fünfte Mezzosopran Stimme, die jeweils von einem Knabensolisten der Domsingknaben (Daniel Krokos und Florenz Waldeyer) besetzt wurde.
Nachdem die Männerstimmen in Rekordzeit die Seitenpodeste und die Orchesterbestuhlung aufgebaut hatten, wurde am Samstag Nachmittag die Musik mit dem Orchester zusammengebaut. Chorleiter Harald Martini hatte die Probenzeiten für die einzelnen Arien, Rezitative, Choräle und Chorstücke so gelegt, dass kein Musiker lange Pausen hatte, sondern ein flüssiger Probenablauf für alle gewährleistet war. Doch nach dreieinhalb Stunden Probe war bei den meisten Sängern buchstäblich „die Luft raus“.
Das Konzert am Sonntag Nachmittag wurde durch die I. Kantate des Bachschen Weihnachtsoratoriums eröffnet. Der hochfestliche Eingangschor „Jauchzet, frohlocket“ ist dem eigentlichen Beginn der Weihnachtsgeschichte vorangestellt und spricht die Gemeinde in Begleitung von Pauken und Trompeten direkt an: „Laßt uns den Namen des Herrschers verehren!“. Die Alt-Arie „Bereite dich, Zion“ sowie der Choral „Wie soll ich dich empfangen?“ spiegeln das innere adventliche Sehnen wider. Der Schlusschoral dieser ersten Kantate „Ach mein herzliebes Jesulein“ ist erneut festlich mit Trompeten ausgestaltet, die zwischen den leisen und zurückhaltenden Chorstollen, die die innere weihnachtliche Freude zeigen, auch die äußere und laute Weihnachtsfreude zeigen.
In Bachs Oratorium schließt sich nun eigentlich die II. Kantate an, die mit Hirtenmusik beginnt und in welcher eben diesen Hirten auf den Feldern die frohe Botschaft der Geburt des Herrn verkündet wird. Im Konzert jedoch folgt das andächtige und zugleich festliche „Oratorio de Noël“ von Camille Saint-Saëns, was der damals 23.-jährige für den Ersten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1858 komponierte. Saint-Saëns greift zu Beginn seines Weihnachtsoratoriums Bachs Hirtenmusik aus dem Weihnachtsoratorium auf und verweist auch auf diesen. So ist das musikalische Bindeglied zwischen Barock und Romantik hergestellt. Nachdem den Hirten in Saint-Saëns Musik durch den Engel weihevoll und innig-gerührt die frohe Kunde der Geburt des Herrn überbracht wurde, folgt dann zuletzt die III. Kantate des Weihnachtsoratoriums von Bach.
Der Eingangschor der III. Kantate „Herrscher des Himmels“ setzt unmittelbar Saint-Saëns‘ weihnachtlichen Lobpreis „Tollite hostias“ fort. Im Chor „Lasset uns nun gehen“ fordern sich die Hirten dann gegenseitig auf nach Bethlehem aufzubrechen. Erst sind die Achtelläufe, die der Chor zu singen hat, recht diametral, bis sie am Schluss doch eine gemeinsame Richtung, einen gemeinsamen Weg gen Bethlehem finden. Am Schluss der Kantate, und damit auch am Schluss des Konzertes, erschallt erneut der festliche Lobpreis des Chores „Herrscher des Himmels“. Das Konzert endet dann in D-Dur, was den Schlusschor mit dem Eingangschor der I. Kantate verbindet.
Die Domsingknaben setzen ihren weihnachtlichen Lobpreis dann am Ersten Weihnachtsfeiertag gemeinsam mit den Essener Philharmonikern mit W. A. Mozarts „Krönungsmesse“, dem „Halleluja“aus G. F. Händels Messias sowie dem rührseligen „Angel’s carol“ von John Rutter fort.
Gastbeitrag: E. Kowol