Tagebuch – Ausreinigung der Domorgel
15. Tag – Donnerstag, 19. April
Auch wenn wieder viele Pfeifen in der Orgel stehen, ist ein Spielen noch nicht möglich, da sie noch nicht gestimmt und wieder intoniert sind. Bei der Stimmung – die Orgel war gleichstufig gestimmt und wird auch so wieder eingestimmt – geht der Orgelbauer übrigens nach Gehör und nicht nach Stimmgerät vor: unterbewusste, minimalste Abweichungen beim Legen der Stimmung sorgen dafür, dass der Klang organisch wirkt und das Hören so sehr angenehm macht, während beim Stimmen stur nach Stimmgerät – immer ist die gleichstufige Temperierung mit also immer gleich großen Abständen zwischen den einzelnen Halbtönen das Ziel – der Klang gerne einmal ein wenig hart wirkt.
Blick ins Positiv
Blick vom Hauptwerk ins Positiv mit reizvollem Kontrast aus Vertikale (Pfeifenwerk, in diesem Fall Prinzipal 8′) und Horizontale (Schwellerjalousien). Die beiden Schweller mussten neu einreguliert werden und beim Schwellwerk eine Ölbremse nachbestellt werden: da hat dann der Verschleiß zugeschlagen.
Bad Bank
Schlüssel, Jeansnieten und anderes haben Spuren auf der Sitzfläche der Orgelbank hinterlassen. Sie wurde abgenommen, wird von externen Schreinern abgeschliffen und neu poliert. So ist ein Blick auf die handwerklich gut gearbeitete und im täglichen Einsatz stets störungsfreie Mechanik der Höhenverstellung („Merke: eine Orgelbank ist kein Personenlift“, wie es in der Freiburger Musikhochschule an einer Übeorgel hieß) möglich.
Prinzipalpfeife
Detail einer Prinzipalpfeife, von oben nach unten: Oberlabium, Aufschnitt, Unterlabium, umrahmt von den Bärten.
14. Tag – Mittwoch, 18. April
Immer mehr Pfeifen stehen wieder im Gehäuse; Simon Wiggen von der Pressestelle des Bistums Essen fängt einige bewegte Bilder von der Ausreinigung ein:
13. Tag – Dienstag, 17. April
Die Gerüste sorgen für neue Perspektiven – allerdings nur für kurze Zeit: die Orgelbauer arbeiten so zügig, dass aber bereits ab Donnerstag das Gerüst im Chorraum wieder abgebaut werden kann. Gleichzeitig wird nach und nach auch wieder bereits gereinigtes Pfeifenwerk wieder in die Orgel eingebaut
Prospekt
Prospekt zum Chorraum hin mit von einer Fachfirma aufgebauten Gerüst. Gut sichtbar: die wieder durchsichtigen Lamellen der Gehäuseverkleidung – und die Fragilität des Pfeifenwerks: bei einer Kollision mit Gerüstteilen würden sie zweifellos den kürzeren ziehen.
Auxiliaire mit Gerüstkonstruktion
Nicht sichtbar: das Gerüst steht nicht auf dem Fußboden des Doms, sondern ist auf der Empore von Kaiserloge und Umgang errichtet und überspannt den Eingangsbereich.
Pfeifenlager
Das Pfeifenlager im Vorraum leert sich zügig.
Holzschied im Hauptwerk
Gut sichtbar: Dieser Holzschied verläuft zwischen Mixtur major und Mixtur minor im Hauptwerk und verhindert (vgl. Bild der Streicher im Schwellwerk am 12. Tag) ein gegenseitiges Anziehen der Pfeifen.
12. Tag – Montag, 16. April
Während die Gerüste für den Prospekt zur Altarinsel und fürs Auxiliaire – da geht es dann in der nächsten Woche an die Arbeit – aufgebaut werden, ist Gelegenheit für einige Details der Domorgel.
Kontraste
Kontraste: fein ziselierte Handschrift der einzelnen Pfeifenstöcke im Schwellwerk begegnet den Schleifenzugmagneten der elektrischen Registertraktur. Hier sichtbar sind drei Streicher – bemerkenswert: die Vox coelestis 8′, das schwebend gestimmte Register dazu, steht auf der Zungenlade. So lassen sich Anziehungseffekte (ähnlich gestimmte Pfeifen „ziehen“ sich in gewissem Maße an und gleichen sich in der Stimmung an; bei einem schwebend gestimmten Register ist aber genau dieser Effekt nicht gewünscht) vermeiden.
Diskant des Hauptwerks
Erstaunlicherweise sind im Diskant des Hauptwerks die Schleifladen umgekehrt gebaut wie im Bass (vgl. Beitrag von Samstag, 14. April): da sind die Teleskophülsen von oben auf die Schleifen angebracht. Rechts gut sichtbar: die Kondukten für das Cornet 5f. 8′ – fünffach bedeutet, dass nicht eine Pfeife pro Ton klingt, sondern fünf, in diesem Fall Grundton, Oktave, Quinte, Oktave und Terz.
Prospekt zur Empore hin
Das Bild bietet leider nur eine schwache Wiedergabe des frischen Glanzes, in dem der Prospekt zur Empore hin wieder erglänzt: die Glasjalousien sind alle gesäubert, ebenso das Gehäuse und auch die Prospektpfeifen. Nur bei genauestem Hinschauen wird eine kleine Stelle an der siebten Pfeife von links sichtbar, die schon vor vielen Jahren eine arge Delle erlitten hat und nun aber – die Orgelbauer haben sie von innen bearbeitet – fast wieder wie neu ist.
And now for something complete different – Sonntag, 15. April
Mittlerweile ist der Spieltisch im oberen Teil wieder zugänglich und teilweise neu lackiert; da das Pedal ebenfalls neu lackiert wird, ist es an diesem Wochenende des dritten Sonntags der Osterzeit allerdings nicht zu verwenden. Optisch durchaus gewöhnungsbedürftig!
Blick auf die Beine des Domorganisten
Blick auf die Beine des Domorganisten, auf die Koppelmaschine des Pedals, die grün befilzten Stecher der Pedaltraktur – und in das gefühlt anderthalb Meter tiefe Loch, in das der Spieler bei ungeschickter Bewegung von der Orgelbank zu stürzen droht.
11. Tag – Samstag, 14. April
Nun waren schon viele Einzelheiten und Details der Domorgel sichtbar – seit der Erbauung definitiv zum ersten Mal wieder zugänglich aber präsentieren sich heute einige Registerschleifen, bei denen Messungen an der elektronischen Registersteuerung ergaben, dass sie schwergängig sind: durch Ausbau der Pfeifenstöcke sind sie zugänglich und werden auf der Empore mit flüssigem Graphit behandelt, sodass sie zukünftig wieder leicht von den Registerzugmagneten zu bewegen sind.
Schleifen
Schleifen mit ihren Löchern auf dem Emporenboden liegend: ist das Register gezogen, geben also die Öffnungen den Wind in den entsprechenden Tonkanzellen frei, erklingen die Pfeifen.
Geöffneter Pfeifenstock
Hier sichtbar der geöffnete Pfeifenstock (seitlich, aufrecht stehend der Oberteil): die Teleskophülsen (grau) sorgen mit ihrem Federdruck dafür, dass die Schleifen möglichst dicht am oberen Pfeifenstock anliegen und sich dennoch bewegen können; die Schleifen verlaufen quer im Bild und geben je nach Stellung der Registerzugmagnete den Wind aus den Bohrungen unten nach oben zu den Pfeifen frei – oder eben nicht.
Detailaufnahme vom Pfeifenstock
Detailaufnahme vom Pfeifenstock des aufgebänkten, also im Vergleich zu den weiteren Registern erhöht stehenden Cornet 5f 8′ im Hauptwerk: Hier ist schön sichtbar, dass auch die Windversorgung dieses Registers in der Hauptwerkslade liegt: über schwarze Kondukten (unten schwach sichtbar) werden diese Pfeifen mit Wind versorgt; Schleifen und Schleifenzugmagnete liegen auf einer Ebene mit allen weiteren Registern.
Gläserne Jalousie
Eine der gläsernen Jalousien, gehalten vom Montageleiter von Orgelbau Rieger: eigentlich ist dieses Glas blau und lichtdurchlässig (s. Bild oberhalb) – für eine anstehende gründliche Schmutzuntersuchung durch ein wissenschaftliches Institut aber ist diese Jalousie im Zustand vor der Reinigung belassen. Dieser ganze Dreck war so praktisch überall in der Orgel zu finden.